Nachhaltigkeit im Fokus der Wirtschaftsförderung

Nachhaltigkeit im Fokus der Wirtschaftsförderung


Als die großen Zukunftsfragen für Unternehmen sind uns die Digitalisierung und der Wettbewerb um Nachwuchs äußerst vertraut. Ganz oben auf die Agenda gerückt ist seit einigen Jahren nun auch (endlich) die Einsicht und Herausforderung, dass sich Wirtschaft auf mehr Nachhaltigkeit und Klimaverträglichkeit ausrichten muss bzw. einrichten muss. Und das nicht erst in Folge der Sorgen um eine ausreichende Energiesicherheit, die der Krieg in Europa in rasantem Tempo hergeführt hat. Schon vor der Pandemie und den geopolitischen Entwicklungen haben viele Unternehmen längst den Schalter umgelegt. Und das beeindruckt. Im Alltag unserer Arbeit als Wirtschaftsförderung wird deutlich, wie stark das Interesse an der Nachhaltigkeitstransformation ist und zwar nicht nur aus wettbewerblichen Gründen, sondern auch aus Überzeugung.

Umfragen zeigen, dass je nach Branche für 50 bis 80 Prozent der Unternehmen ein klimaverträgliches und nachhaltiges Wirtschaften sehr wichtig ist. Das lässt allerdings noch keine Rückschlüsse auf die Umsetzung zu: Gegenüber der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main gaben in 2019 etwas mehr als die Hälfte, dass sie entsprechende Anstrengungen unternehmen – allerdings ohne eine genauere Konkretisierung. Laut des Sustainability-Monitorings der Bertelsmann Stiftung aus November 2021 haben bisher allerdings nur zwei Prozent der beteiligten Unternehmen in allen Bereichen eine Nachhaltigkeitsstrategie komplett verankert. Dagegen antworteten immerhin noch 20 Prozent, das Thema werde eher nicht oder überhaupt nicht angegangen.

In unserem Kontakt zu den Bielefelder Unternehmen wird deutlich, dass große Unternehmen längst die doppelte (grüne und digitale) Transformation in Strategie und Maßnahmen konsequent angehen. Die Begeisterung und Offenheit für Veränderung stellen wir aber zunehmend auch bei den kleineren und mittleren Unternehmen fest. Viele Mittelstandsunternehmen und Startups über alle Branchen hinweg haben sich bereits auf den Weg gemacht, wollen ihre Maßnahmen verstärken oder befinden sich in der Planungsphase. Als Wirtschaftsförderung sehen wir unsere Aufgabe darin, die Unternehmen zu begleiten: Wir zeigen Best-Practice, organisieren Expertenwissen und kollegialen Austausch und geben Hinweise, wer fachlich unterstützen kann. Was wir oft hören ist, dass die grüne Transformation als notwendig und chancenreich, zugleich aber als äußerst komplex und herausfordernd gesehen wird. Orientierung und Austausch können deshalb wichtige Impulse geben.

Was treibt die Unternehmen an?


Und welche Ziele verfolgen sie, um nachhaltiger und ökologischer zu Wirtschaften? Das Projekt Green Deal NRW nennt folgende Motive und Zielsetzungen, die  betriebliches (Um-)denken und Handeln maßgeblich anstoßen: Neben der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und Potentiale für Kosteneinsparungen sind es neue insbesondere Anforderungen aus dem Markt oder von der Kundschaft. Ebenso wichtig ist, dass sich vorhandenes Personal besser an das Unternehmen binden lässt und zukünftige Fachkräfte besser zu finden sind, wenn eine klare Haltung zur grünen Transformation zu erkennen ist und auch ehrlich umgesetzt wird. Hinzu kommt, dass investive Mittel und Unternehmenskredite zu günstigeren Konditionen bei Banken oder Investoren eingeworben werden können, wenn ein klarer Wertekodex in Richtung Nachhaltigkeit vorliegt. Und generell geht es natürlich um Leitmotive, die auf ein besseres Image und/oder auf die unternehmerische Verantwortung in Gänze abzielen (greendealnrw.de/gd-radar, 2022).

Wann ist ein Unternehmen klimaneutral?


Das eine Unternehmen stuft sich bereits heute als klimaneutral ein, das andere sieht seine Klimaziele erst in den nächsten zehn bis 15 Jahren realisiert, obwohl es schon viele Verbesserungen vorzuweisen hat. Diese Unterschiede liegen häufig an der Berechnung des ökologischen Fußabdrucks, genauer: wie viel durch Klimaschutzzertifikate kompensiert wird. Fast immer ist es so gut wie unmöglich, die Klimaneutralität kurzfristig ohne Kompensation zu erreichen. Die meisten CO2-Emissionen gehen auf das Konto von Rohstoffgewinnung und Transport. Jede ernsthafte Klimaschutzstrategie eines Unternehmens muss zunächst die intern und extern verursachten Emissionen erfassen, um daraufhin Reduktion und Vermeidung anzugehen. Auf diesem langen Weg können Klimaschutzzertifikate unvermeidbare Emissionen ausgleichen. Sie sind aber unbedingt nur als Übergangslösung zu verstehen. Parallel sind Anstrengungen nötig, die eine weitestgehend „echte“ Klimaneutralität bewirken.

Es geht nicht nur um die CO2-Bilanzierung und Vermeidung von Treibhausgasemissionen. Bei allen unterschiedlichen Definitionen von Nachhaltigkeit gibt es dieses einheitliche Ziel: Nachhaltig ist eine Entwicklung dann, wenn sie die aktuellen Bedürfnisse befriedigt, ohne zukünftige Generationen in ihren Möglichkeiten einzuschränken – siehe auch die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.[i]  Wichtig ist – auch den Unternehmen –, dass es (?) bene der ökologischen und ökonomischen auch um die soziale Nachhaltigkeit geht.

Das kommt aus Bielefeld: Sichtbarkeit …


Auch in unserer Wirtschaftsszene ist branchenübergreifend das Interesse groß, nachhaltigkeitsorientierter und klimaneutral zu agieren – vom Startup über den breiten Mittelstand bis zu den großen Global Playern. Und das wird auch step-by-step umgesetzt. Deshalb nutzen wir unsere Kampagne „Das kommt aus Bielefeld“, um diese Bestrebungen der heimischen Wirtschaft sichtbar zu machen: als Mutmacher, Inspiration und Orientierungshilfe.

Unsere Green Stories zeigen, wie Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsstrategie angehen, welche Produkte und auch ganze Geschäftsmodelle anders oder neu gedacht werden und  welche Strukturen sie für diese Querschnittsaufgabe schaffen.

Die Sichtbarkeit auf allen Social-Media-Kanälen trägt erheblich dazu, Bielefelder Unternehmen im Wettbewerb um Fachkräfte als attraktive Arbeitgeber überregional bekannter zu machen. Denn immer wichtiger wird eine nachhaltige Unternehmenskultur und ein nachhaltigkeitsorientiertes Wirtschaften für junge Talente und Köpfe. Sie erwarten diese Eigenschaften bei ihren zukünftigen Arbeitgeber*innen.

… und kollegialer Austausch


Über Unternehmensnetzwerke unterstützen wir zudem den kollegialen Austausch untereinander und organisieren Workshops, Unternehmenstreffen und Best-Practice-Formate rund um das Thema Nachhaltigkeit. Konkurrenzdenken bleibt außen vor, da alle mit ähnlichen betrieblichen Fragen – und zwar im vorwettbewerblichen Bereich  – zu tun haben und Lösungen suchen. So berichten Unternehmen immer wieder, dass sie durch das Miteinander Entscheidungen besser und schneller treffen. Dabei können große wie kleine, etablierte und junge Unternehmen zugleich Absender und Empfänger guter Ideen sein: Schaffe ich eine fachlich steuernde Personalstelle für Nachhaltigkeit oder organisiere ich ein Projektteam mit Mitarbeitenden aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen? Binde ich die Zuständigkeiten direkt an die Leitung an oder ist sie in den Fachabteilungen, etwa im Bereich Personalentwicklung, Marketing und/oder Controlling, angesiedelt? Motivation und Weiterbildung der Beschäftigten ist ebenfalls Thema. Immer wichtiger wird der Wissenstransfer beispielsweise beim Thema Regulatorik und Nachhaltigkeitsberichterstattung. Diese treffen Groß- und Börsennotierte Unternehmen früher, in den nächsten Jahren aber auch den Mittelstand.

Energiesicherheit und Lieferketten

Schon vor der Pandemie und dem kriegerischen Angriff Russlands auf die Ukraine waren Klimaschutz und Nachhaltigkeit ganz weit oben auf die Agenda der Unternehmen. Jetzt wirkt die Sorge um die Energiesicherheit als zusätzlicher Treiber, alles zu tun, was den Ausbau Erneuerbarer Energien beschleunigt. Und auch die zunehmend problematischen Lieferketten befördern ein Umdenken, das wieder mehr auf regionale Handelsbeziehungen setzt und sogar in Einzelfällen zur Rückverlagerung von Produktionsstätten führt. Grundsätzlich stellt niemand mehr die Frage nach dem Ob. Sondern es geht jetzt um das Wie: Wie kann ich konkret und möglichst schnell vorgehen? Schließlich ist die Notwendigkeit zur grünen Transformation überlebensrelevant – sowohl für Mensch und Natur wie auch für Unternehmen. Eine turbulente Zeit mit großen Herausforderungen, nicht ohne Risiken, aber zugleich großen Chancen für Unternehmen mit starkem Veränderungs- und Gestaltungswillen. Als Wirtschaftsförderung begleiten und unterstützen wir schon heute und zukünftig erst recht.

www.das-kommt-aus-bielefeld.de/green-stories


[i] 17ziele.de

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